Elisabeth Heinermann (1938 – 2023)

Lebensstationen von Elisabeth Heinermann, geb. Weißert, geb. am 26. Januar 1938 in Berlin, gest. am 02. August 2023 in Nürnberg, Waldorflehrerin für Deutsch und Kunst in der Oberstufe der Rudolf Steiner-Schule Nürnberg 1977 – 2007

Als kleines Kind erlebt sie die Bombennächte des Krieges über Berlin, erinnert sich an den Vater, der sie nachts eilends in die Arme nimmt und sie treppab in den Schutzkeller des Hauses trägt. Sie erinnert sich auch an das Spielen mit den jüdischen Kindern des Hauses, schließlich das Verbot mit diesen zu spielen, da die Mutter als Halbjüdin ihre Familie nicht in Gefahr bringen darf. Und schließlich nach dem Berufsverbot des Vaters als Lehrer an der Waldorfschule in Berlin an die Flucht der Eltern mit ihren sieben Kindern ins noch sichere friedliche Dorf in Baden- Württemberg zur Großmutter.

Ernst Weißert führt als Dorfschullehrer mit seiner Großfamilie die Oberuferer Weihnachtsspiele auf. Nach Kriegsende erhält Ernst Weißert vom Kultusminister persönlich die Aufforderung, als Schulleiter eines Gymnasiums in Tübingen tätig zu werden, lehnt aber ab und zieht mit seiner Familie nach Stuttgart, um an der ersten, noch von Rudolf Steiner gegründeten Waldorfschule mitzuarbeiten und schließlich die Waldorfschul-Bewegung in den nächsten Jahren und Jahrzehnten aufzubauen.

Die Familie bewohnt mit inzwischen 13 Kindern in diesen Jahren eine Baracke am Schulgelände. Häufige Gäste nach dem Unterricht und bei Tisch sind Waldorflehrer und Mitschülerinnen. Elisabeth und ihre Geschwister besuchen die Schule, und unvergesslich sind die schönen Erlebnisse und Eindrücke im Unterricht der Waldorflehrer der ersten Stunde. Vor allem die künstlerischen Fächer, insbesondere Musik, Chorsingen, Deutsch und besonders Theaterspielen in der Schule und im Elternhaus bieten ein reiches Feld an Anregungen und öffentlichen Aufführungen.
Diese beiden Kraftquellen prägen auch ihr späteres Leben: Einmal das Familiäre, das sich dann später in ihrer eigenen Familie mit vier Kindern und zehn Enkeln sowie zwei Urenkeln als Mittelpunkt ihres Lebens fortsetzt, verbunden mit ihrer Freude am gesellschaftlichen und sozialen Umfeld.

Dazu tritt die Liebe für alles Schöne beginnend mit der Ausbildung im wissenschaftlichen Kohlhammerverlag in Stuttgart. Danach folgt ein Studium der Kunstgeschichte an der Universität Freiburg bei dem Professor, bei dem schon ihre Mutter studiert hatte, und dann Fortsetzung des Studiums der Kunst und Germanistik an der Universität Wien. Ihr älterer Bruder ist in Wien als Schauspieler tätig und Elisabeth genießt als Studentin das reichhaltige kulturelle Leben Wiens mit seinen zahlreichen Museen, Theatern und sonstigen Angeboten.

An der Universität lernt sie 1962 ihren künftigen Ehemann kennen, auch Student, und beide gründen noch im Studium eine Familie. Als ihr Mann sein Germanistik- und Geschichtsstudium mit den Lehramtsprüfungen und dem Doktorat abgeschlossen und zwei Jahre lang unterrichtet hat, beschließen beide, ihren weiteren Lebensweg in Deutschland einzuschlagen. Und zwar an einer Waldorfschule, denn in Österreich gibt es damals noch keine derartige pädagogische Einrichtung!

Ihr weiteres Leben in Nürnberg ist von 1967 an erfüllt von familiären Aufgaben, herzlich gepflegten Freundschaften, meist mit Schuleltern, und fachlicher sowie menschlicher Unterstützung ihres Ehemannes und von ihrem begeisterten Engagement bei der fast jährlichen Einstudierung der 12.-Klassenspiele und auch bei gelegentlichen Vertretungen.

Elisabeths Freude am Unterricht und ihr umfassendes Fachwissen bewegen sie, 1977 ihr Studium wieder aufzunehmen und an der Universität Erlangen mit den jeweiligen Lehramtsberechtigungen abzuschließen.

Es folgen nun Jahre, erfüllt vom täglichen Unterricht in der Oberstufe sowie im Abitur der Rudolf Steiner-Schule, dazu zahlreiche Kunstausflüge zu europäischen Sehenswürdigkeiten und weiterhin der Theaterregie. Ihre Schüler schätzen sie „als universal gebildete Lehrerin, die für sie immer da war und stets ein offenes Ohr und liebevolles Herz hatte“ (wie in Worten und in Schreiben anläßlich ihres Todes geäußert wurde). Bis zu ihrem Renteneintritt versäumt sie keinen einzigen Unterrichtstag in der Schule.

Völlig überraschend – trotz einer längeren Krankheit – schied sie nun aus dem Leben.

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